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Duo PP
16. März 2018
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Yvonne Schymura über Käthe Kollwitz
22. März 2018

Bertamaria Reetz

Unterschiedslos unterschiedlich
Das hat unsere KULTURKIRCHE OST noch nicht gesehen: eine Herde ultramarinblauer Schafe auf ihrem Vorplatz. Wo diese Tiere friedlich weiden, kann Bertamaria Reetz nicht weit sein. In ihrer Ausstellung „Momente, Menschen & Begegnungen“ mit Gemälden und Skulpturen wartete die vielseitige Kölner Künstlerin mit weiteren Überraschungen auf. 

Auf den ersten Blick passt hier nichts zusammen: erst eine Herde blauer Schafe, dann ein völlig überdrehtes, überlebensgroßes Huhn mit Kölner Wappen um den Hals, einem grinsenden Dom auf dem Bauch und Kölsch trinkenden Jecken rundherum, und schließlich überlebensgroße, meist abstrakte, mal schemenhaft figürliche, mal monochrom gestaltete Gemälde an den Wänden. Wie viele Künstler stellen hier aus?

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Die überraschende Antwort: nur eine! Bertamaria Reetz liebt – das ist offenkundig – die Abwechslung und lebt sie in ihrer Kunst. Mit ihrer Friedensherde aus ultramarinblauen Schafen, 2001 mit ihrem damaligen künstlerischen Partner Rainer Bonk aus der Taufe gehoben, bereist sie Europa, war unter anderem schon in Berlin und Brüssel, Hamburg und Venedig. Ihre Botschaft: Toleranz, Frieden und Gleichheit. In diesem Sinne lässt Reetz die possierlichen Tierchen, die es in vielen verschiedenen Größen gibt, in der Werkstatt für Behinderte Menschen in Köln-Poll herstellen. 

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Auch „Die jecken Höhner von Kölle“ sind ein Kunstprojekt mit sozialer Agenda. Der Erlös aus dem Verkauf des Kunsthuhns „Schantall“ und seiner eierlegenden Kollegen dient seit mehr als zehn Jahr erfolgreich dem Wohl bedürftiger Kinder. Eine derart der Gemeinnützigkeit verpflichtete Künstlerin musste eines Tages in unserer KULTURKIRCHE OST ausstellen, schließlich kommt hier regelmäßig ein Teil der Gewinne aus dem Kunstverkauf sozialen Zwecken zugute.

Sie macht, was sie will

Bei alledem aber ist es doch vor allem die Kunst, die Bertamaria Reetz antreibt. Eine schwerwiegende Krebsdiagnose, die ihr nur noch wenige Lebensmonate prognostizierte, war für sie Anlass, die Zeit nicht weiter vergehen zu lassen, sondern das zu tun, was sie eigentlich wollte: Sie reichte ihre Mappe an der Kunstakademie Düsseldorf ein und fing an zu studieren. Mitte der 80er Jahre war das, und wie ihr Schaffen seither unübersehbar zeigt, hat es ihr nicht geschadet – im Gegenteil: Anstatt das Zeitliche zu segnen ist sie eine etablierte Künstlerin geworden. „Wenn ich male, vergesse ich alles“, sagte sie. „Sogar meine Krankheit.“

Und wie sie malt! Großformatig, energisch, mutig. Das übliche Handwerkszeug hält Bertamaria Reetz in ihrem Schaffensdrang nur auf. Gelegentlich greift sie zum Spatel, doch meistens wickelt sie einfach einen Lappen um den Finger und legt los, bringt schwungvoll Farbe auf die Leinwand, will ihre raue Oberfläche unmittelbar spüren. Dabei entstehen einzigartige, teils gänzlich abstrakte, teils unvermittelt gegenständliche Werke, die sich oft erst auf den dritten, vierten Blick erschließen – und manchem, der das Konkrete liebt, womöglich gar nicht. Gesichter und Gestalten, große Gesten und Gedanken sind es, die sich dem erschließen, der sich Zeit nimmt für diese eigenwilligen Gemälde.

Gerade in der Widersprüchlichkeit von Bertamaria Reetz‘ Kunst, im offensiven Gegensatz zwischen ihrer emotionalen Malerei und ihren plakativen tierischen Figuren wird die Botschaft dieser im positiven Sinne extravaganten Meisterin offenbar: Weil wir so verschieden sind, sind wir alle gleich.

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Die Ausstellung ist bis 18. April 2018 geöffnet – immer dienstags bis samstags von 17 bis 20 Uhr sowie nach Vereinbarung unter Telefon 0162-233 67 01.

Zur Website von Bertamaria Reetz

Ein Videorückblick zu Bertamarie Reetz‘ Ausstellung von Talking Art:

 

Was gibt’s als nächstes in unserer KULTURKIRCHE OST? Schauen Sie doch mal in unseren Kalender!