Wie mag sich das kölsche Idiom wohl in italienischen oder griechischen Ohren anhören? Eine in bestem Sinne europäische Ausstellungseröffnung in Anwesenheit der Künstler Giancarlino Benedetti Corcos (geb. 1954) und Evangelos Papadopoulos (geb. 1974) ging mit einem Konzert des Chors der Fründe vun der Akademie för uns kölsche Sproch e.V. zu Ende. Deutsch, Italienisch und Griechisch war gesprochen worden, und nun kam mit Schmölzchen wie „Schön, datte do bes“, „Mer sind all nur Minsche“ oder „Heimat is, wo wir glücklich sind“ auch das Kölsche zu seinem Recht. „Singen Sie mit! Trauen Sie sich!“ rief Chorleiter Andreas Biertz, und das Publikum folgte ihm gerne. Nur die beiden Künstler taten sich damit naturgemäß ein bisschen schwer.
„Zerbrechlich – Verletzlich“ hatten sie ihre Ausstellung überschrieben. Ein Titel, den man durchaus auf den aktuellen politischen Zustand Europas anwenden kann und dem besonders Papadopoulos‘ fragil wirkende Skulpturen Gestalt geben. „Meine Skulpturen sind wie Musik“, zitierte Prof. Dr. Irene Daum in ihrer Eröffnungsrede den aus Athen und in Düsseldorf lebenden Künstler. „Sie sollen eine Melodie spielen: Je nachdem, von wo aus man auf die Skulptur blickt, eine andere.“ Das Spiel mit der Leichtigkeit und Flüchtigkeit, wie sie Klängen naturgemäß eigen ist, funktioniert perfekt: Auch wenn die Greifvogel-großen Skulpturen sicher auf Podesten stehen, so erscheinen sie doch zart und schwebend. Und das, obwohl Papadopoulos sie aus Stahl herstellt – nicht gerade das leichtgewichtigste unter den Metallen.
Das Statement von Giancarlino Benedetti Corcos, dem in seiner Heimat Italien nicht zuletzt für seine Leidenschaft und Kompromisslosigkeit gefeierten Straßenkünstler, fiel im Vergleich dazu wesentlich handfester aus. Seine wilden, bunten, mit temperamentvollem Strich gefertigten Gemälde entstehen auf weißem Leinen, auf eine Rahmung und damit die Anpassung an übliche Betrachtungsgewohnheiten verzichtet er. „Kunst ist frei“, so seine Grundaussage. Sie gehöre nicht an Wände genagelt, sondern müsse sich außerhalb der Museen manifestieren.
Wer Corcos‘ Schaffen kennt, dürfte sich kaum darüber gewundert haben, dass er es auch in unserer KULTURKIRCHE OST nicht bei solch theoretischen Aussagen beließ. Die Anreise aus seiner Heimatstadt Rom hatte er genutzt, um viele kleine Bilder vorzubereiten, die er nun ans Publikum verschenkte. Allesamt befassten sie sich, so erläuterte er, mit dem Thema „Zerbrechlichkeit“, sicherlich aber hätte man sie auch unter der Überschrift „Europa“ deuten können, denn Corcos deklamierte viele große Namen des Kontinents – von Thomas Bernhard und Beuys über Rudi Dutschke und Reiner Werner Fassbinder bis hin zu Egon Schiele.
Bei soviel Verve für den künstlerischen Moment gerieten Corcos‘ weitere Projekte fast in den Hintergrund – wie seine Keramikarbeiten und ein von ihm illustrierter Gedichtband des bekannten venezianischen Schriftstellers Franco Ferrari Delfino, der in unserer KULTURKIRCHE OST persönlich das Gedicht „Venezioso“ vortrug. Einen ganz und gar nicht unwesentlichen Zweck von Kunst hatten Corcos und Papadopoulos mit ihrer Ausstellung aber ganz bestimmt erfüllt: Sie hatten ein Lächeln auf die Gesichter zu zahlreichen Besucher gezaubert.
Zur Website von Giancarlino Benedetti Corcos
Zur Website von Evangelos Papadopoulos
Zur Website des Chors der Fründe von der Akademie für uns kölsche Sproch e.V.
Ein Videorückblick zur Ausstellung von Talking Art: