Seit mehr als 20 Jahren lebt Daniel Rodriguez in Köln, seit einigen Jahren nur ein paar hundert Meter von unserer KULTURKIRCHE OST entfernt. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis der Sänger und Gitarrist mit seinem Programm „Entre Tangos y Boleros“ („Zwischen Tango und Bolero“) unseren akustisch so einladenden Konzertraum beehrte.
Geboren und aufgewachsen ist Rodriguez in Córdoba, Argentinien. Geschichtsbewusste Fußballfans assoziieren mit dieser Stadt bis heute die historische 2:3-Blamage Deutschlands gegen den „Erzfeind“ Österreich in der Zwischenrunde der Fußball-Weltmeisterschaft 1978, mit der der damals amtierende Weltmeister aus dem Turnier flog. Dabei steht die zweitgrößte Metropole Argentiniens, mit rund 1,3 Millionen Einwohnern etwas größer als Köln, für soviel mehr als nur die „Schmach von Córdoba“. Zum Beispiel für einen eigenen Musikstil: das Cuarteto, das seit den 1940er Jahren mit seinem spielerisch simplen „Tunga Tunga“-Rhythmus die Massen in und um Argentiniens elektrisiert.
Daniel Rodriguez liebt es zugleich einfacher und komplexer. Einfacher: sein Setup. Statt auf ein Musikerensemble verlässt er sich ganz auf sein spielerisches Geschick an der Konzertgitarre und seinen kräftigen, immer leicht schwelgerisch intonierten Barriton. Komplexer: die im Vergleich zum Cuarteto deutlich anspruchsvolleren Rhythmen und Harmonien von Tango, Bolero und Milonga. Letztere gilt als „fröhliche Schwester des Tango“ und drückt im Vergleich zu dem weltweit populären Tanzstil deutlich aufs Tempo.
Sein Set hat Rodriguez geschickt zusammengestellt: Bekannte Stücke etwa von Astor Piazzolla („Jacinto Chiclana“) oder Buena Vista Social Club („Los Gardenia“) wechseln mit weniger häufig gespielten Perlen wie „Milonga Sentimental“ von Sebastián Piana oder einem peruanischen Walzer (!), den Edith Piaf einst unter dem Titel „La foule“ für europäische Ohren zugänglich machte.
„Ich selbst schreibe gerne Milongas“, sagt Rodriguez. „Mein Vater hat mich mit dieser Musik vertraut gemacht. Als Jugendlicher fand ich das aber nicht so cool. Ich wollte lieber Led Zeppelin spielen.“ Vielleicht sind ihm aus dieser Zeit die langen Haare geblieben. Und sein Freundeskreis in Córdoba, aus dem das letzte Lied des Abends stammt: ein fast schon rockig zu nennenden Stück, das an eine Band wie Heroes del Silencio erinnert.
Das Publikum verabschiedet den kölsch-argentinischen Musiker mit lang anhaltendem Applaus. Von einer kleinen Zuhörerin, die mit ihrer Mutter im Auditorium sitzt, gibt es ein ganz besonderes Dankeschön: Sie hat von Daniel Rodriguez während seines Auftritts in unserer KULTURKIRCHE OST ein Bild gemalt.