Eine fotografische Erzählung über Kölns traditionell schlecht beleumundetes Veedel: Was kann dabei entstehen, das nicht nur gängige Klischees durchdekliniert? Gehören diese Klischees doch längst genauso zu Chorweiler wie die vielstöckigen kunterbunten Hochhäuser, in denen Menschen mit vielfältigen kunterbunten Migrationshintergründen dicht an dicht zusammenleben. Bei schneller, oberflächlicher Betrachtung bestätigt sich diese Vermutung: hier ein Polizeiauto vor Wohnsilos, dort ein Rapper vor Hochhäusern, hier eine vielköpfige Einwandererfamilie, dort die Essensausgabe der „Tafel“.
Die Fotografen Lucie Ella, Martin Oloff und Peter Lindemann haben sich, unterstützt von Autor Nils Rottgardt, viele Monate Zeit genommen, um das Wesen des Stadtteils im Kölner Norden bildhaft zu begreifen, und sind dabei tief in das Leben zwischen den Häuserschluchten eingetaucht. Was die Künstler dabei zuvorderst antrieb, macht das Vorwort des Katalogs zur Ausstellung in schönen Wort anschaulich: „Es ging dem Trio darum, die Geschichten der Menschen und der Orte zu finden und ihnen nicht ihre eigenen Vorurteile überzustülpen. Ein zärtlicher, wacher Blick, ein offenes Ohr und ein weites Herz waren der emotionale Ausgangspunkt, um durch die Augen der Bürger von Chorweiler Bilder und Geschichten zu sehen, die authentisch und unverstellt von der innen Welt dieses ‚Dorfes‘ berichten.“
Eine hehres Ziel, aber offenbar auch ein lohnendes, sieht man nun die großformatigen Farbbilder, die an den grauen Wänden unserer KULTURKIRCHE OST geradezu von innen heraus leuchten. Die Ausstellung in Buchforst sollte eigentlich der Abschluss einer Rundreise durch Köln sein, die in Ehrenfeld begann und über Chorweiler nach Kalk und in die Südstadt führte. Doch augenscheinlich besteht weiter Nachfrage nach diesen neuen, unverbauten Ansichten auf Chorweiler. Zurzeit stehen weitere Stationen im Agnesviertel sowie erneut in Kalk und Chorweiler auf dem Tourneeplan.
Das Vorhaben, „Chorweiler nach Köln zu bringen“, wie es Martin Oloff formulierte, darf also als geglückt gelten. Die Suche nach Geschichten, die sich in Bild und Text nach im Leben entdeckten Vorlagen inszenieren lassen und nicht schon tausendmal erzählt wurden (und wenn doch, dann ironisch gebrochen), sie war erfolgreich. „Es war sehr zeitaufwändig“, sagt Peter Lindemann, der wie seine Kollegen sein Geld sonst zumeist mit hochwertigen Werbefotografien verdient. „Aber es war toll.“ Und Kollege Oloff ergänzt ohne zu zögern: „Ich würde es sofort wieder machen.“
Sabine Klein, Leiterin des Sozialteams der GAG Immobilien AG, die das Projekt initiiert hatte, hätte nichts dagegen: „Das ist wirklich eine schöne Geschichte, die Chorweiler in ganz anderem Licht erscheinen lässt.“ In den Quartieren ihres Arbeitgebers, immerhin der größten Vermieterin Köln, gibt es mit Sicherheit noch viele weitere Geschichten zu entdecken.
Zur Website von Martin Oloff
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