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gierling luther GAG kulturkirche ost köln
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Igor Epstein & Vitali Eberling

Wow!

Prof. Igor Epstein an der Violine und Vitali Eberling an der Gitarre konzertierten sich in unserer KULTURKIRCHE OST durch die erstaunliche musikalische Weite zwischen Klezmer und Gypsi, ohne sich zu verirren. Ein anregender Abend mit einem ungewöhnlich engagierten Publikum und einigen Überraschungsgästen.

„Darf ich Sie nun auf die Bühne bitten?“ – „Nein!“

Damit hatte Dirk Kästel wohl nicht gerechnet. Der Veranstalter hatte das Publikum „im Wohnzimmer der GAG“ freundlich begrüßt und erwartete nun ebenso wie die Zuhörer den ordnungsgemäßen Ablauf eines Konzertabends. Doch ordnungsgemäße Konzertabläufe sind Professor Igor Epsteins Sache nicht. Dies brachte er nicht nur mit seinem frechen „Nein!“, sondern direkt auch mit seinem Einstieg ins Programm zum Ausdruck.

 

Ganz hinten, im Rücken der Zuhörer, fing er an, strich den Bogen erst leise über die Saiten, dann zunehmend kräftiger und tastete sich so – Ton für Ton – immer weiter hinein in den akustisch attraktiven Klangraum der Kulturkirche Ost. Irgendwann kam er dann doch noch vorne an, dort wo sich die Andeutung einer Bühne befindet, und erst jetzt stieg mit kraftvollen rhythmischen Schlägen auf seiner Westerngitarre Epsteins Partner Vitali Eberling ein, um das Stück nach einem lauten Höhepunkt ganz, ganz leise zu beenden.

„Ist das nicht schön?“ fragte Epstein nach diesem dynamischen Beginn das Publikum. „Wir stehen hier in einem christlichen Gotteshaus, um jüdische und Sinti-Musik zu spielen. Ein gutes Beispiel für die Vielseitigkeit des Landes, in dem wir leben!“

Gemeinsamkeit: Vielseitigkeit

„Vielseitig“ – eine Vokabel, die trefflich auch den Abwechslungsreichtum dieser Reise zwischen zwei musikalischen Welten beschreibt, die gar nicht so weit, und doch so sehr auseinander liegen: die des Klezmer und die der Gypsi-Musik. Gemeinsam ist beiden die Grundstimmung in Moll, ihre klanglich eingefangene Sehnsucht nach Freiheit, die sich in der unüberhörbaren Nähe zum Jazz ausdrückt, und ihre Herkunft aus zwei verfolgten Völkern.

„Wir suchen nach Parallelen in beiden Stilen“, erklärte Epstein – und wurde fündig. Denn die größte Gemeinsamkeit zwischen Klezmer und Gypsi ist zweifelsohne die, wie bei einem endlosen Mosaik immer neue musikalische Ansätze scheinbar bruchlos integrieren zu können. Wer genau hinhörte, konnte immer neue Einflüsse heraushören: griechische Folklore, sibirische Melancholie, balkanisches Temperament, sogar amerikanischen Swing und psychedelischen Rock. 

Besonders eindrucksvoll gelang das Zusammenspiel von Epstein und Eberling immer dann, wenn die beiden Musiker den Geist Django Reinhardts beschwörten. Dann nämlich konnte nicht nur Epstein an der Geige, sondern auch Eberling an der Gitarre sein Virtuosentum beweisen: mit rasend schnellen Akkordwechseln, unnachahmlichen Läufen im Bass und einem Groove, der in die Beine fuhr. Wie brachte es ein Zuschauer am Ende eines solchen Parforce-Ritts auf den Punkt? „Wow!“

 

Bei zwei Stücken holten sich die beiden Verstärkung aus dem Publikum: „Hava Nagila“, den vermutlich größten Welthit des Klezmer, sang Bella Liebermann. Und den Schlussakkord setzte Andrej Golskiy, ehemaliger Leiter des Don-Kosaken-Ensembles in Rostov am Don, mit seinem Akkordeon, begleitet von seiner Frau Alevtina am Mikrofon.

Bei soviel grenzüberschreitender Harmonie war auch Dirk Kästel alles andere als in Stimmung, Epstein seinen rüden Einstieg übel zu nehmen. Sein Fazit: „Eines der schönsten Konzerte bei uns in der Kulturkirche Ost!“

Zur Website von Epsteins Klezmer-Tov

 

Was gibt’s als nächstes in unserer KULTURKIRCHE OST? Schauen Sie doch mal in unseren Kalender!