Nomadengut

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Nomadengut

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Die Ausstellung „Nomadengut“ feiert die Kölner Autorin Luise Straus-Ernst (1893-1944).

Dauer der Ausstellung: von 24. September bis zum 10. Oktober 2021
Öffnungszeiten: nach Vereinbarung per Email oder per Anruf unter 0221-2011 373 oder 0221-2011 147

Eintritt: frei

Corona-Regeln: Bei unseren Veranstaltungen folgen wir den jeweils aktuell geltenden Covid19-Bestimmungen von Bund, Land NRW und Stadt Köln. Besucher müssen entweder geimpft, genesen oder negativ getestet sein und dies entsprechend nachweisen. In der Kirche gilt Maskenpflicht bis zur Einnahme des Sitzplatzes. 


Es knackt und knistert und knallt. Nichts und niemand bleibt am alten Platz. Wir sind alle unterwegs, ohne zu wissen, wohin und wie lange. Die Welt ist wild und böse geworden, ohne Sicherheit und ohne Gnade. Jeder kleinste Augenblick der Ruhe muss mit so viel Bitterkeit, Tränen und Verzweiflung bezahlt werden. Und wer nicht schwimmen kann, geht in den Wellen unter. Wir müssen wieder dahin kommen, nur solche Dinge zu  besitzen, die mühelos in den Koffer gepackt werden können. Ich bin so weit.

Luise Straus-Ernst: „Nomadengut“

Nomadengut Ausstellung üb Luise Straus Ernst in der Kulturkirche Ost in Köln

Schreiben konnte sie. Und leben, das konnte sie wohl auch. Erst an der Seite von Max Ernst, dem weltberühmten Surrealisten. Und später – schon im französischen Exil – an der Seite von Fritz Neugass, Journalist und Exilant wie sie. Dass das Leben von Luise Straus-Ernst viel zu früh endete – mit 51 Jahren nur – ist eine Tragödie, wie sie dieses Land zur Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft millionenfach schrieb. Im Sommer 1944 wurde sie in Auschwitz ermordet.

Eine Ausstellung in unserer KULTURKIRCHE OST aus Anlass von 1700 Jahren jüdischer Geschichte in Deutschland erinnert nun an diese kluge, lebensfrohe und facettenreiche Persönlichkeit, die wohl bis zu ihrem Ende – mehr als zehn Jahre nach ihrer Flucht ins französische Exil – der Mundart ihrer Geburts- und Heimatstadt Köln treu blieb. Kuratiert hat die Ausstellung die Schriftstellerin Eva Weissweiler, Verfasserin einer bei Kiepenheuer & Witsch erschienenen Biographie über Luise Straus-Ernst („Notre Dame de Dada“). Zu sehen sind historische Fotografien von Straus-Ernsts Zeitgenossen Hannes M. Flach sowie fotografische Interpretationen ihrer im Exil entstanden Alltagsbeobachtungen, die Klaus Kammerichs während der Recherchereisen zu Weissweilers Buch anfertigte.

Flachs Fotografien zeigen ein Köln in den 1920er und 30 Jahren, in dem die Nationalsozialisten zunehmend den Alltag der Menschen bestimmten: Hakenkreuz-Fahnen an Gebäuden, Aufmärsche in den Straßen, jubelnde junge Frauen in den Uniformen des Bundes deutscher Mädel. „Seine Fotos waren nie inszeniert, er hat immer versucht, die Spannung im Augenblick festzuhalten“, beschrieb Maf Räderscheidt bei der Vernissage zur Flachs Arbeit, die damit ganz im Gegensatz zu seinem weitaus bekannteren Kollegen August Sander stand.

Maf Räderscheidts Großeltern Marta Hegemann und Anton Räderscheidt – besonders wohl die Oma – erzählten ihrer Enkelin gern und viel aus jener Zeit. „Ich habe in ihren Erzählungen einen ganzen anderen Hannes M. Flach kennengelernt, als er mir auf Wikipedia begegnet ist“, sagte Räderscheidt in ihrer einführenden Ansprache. Seine lebensnahe Arbeit – „ein großes Werk von leichter Hand“ – kostete ihn selbst das Leben. 1936 wurde er unter ungeklärten Umständen ermordet.

Ebenso in Schwarz-Weiß gehalten, ebenso leichthändig wie aus der Hüfte geschossen, dennoch aber sichtbar aus einer anderen Zeit – so wirken die Fotografien von Klaus Kammerichs. Sie zeigen Orte, die Luise Straus-Ernst in ihren feuilletonistischen Miniaturen beschrieb: Paris, Cannes, Manosque. Sie hatte eigentlich gar nicht weg gewollt aus Köln, nur mal kurz davon, bis der Nazispuk vorbei sei. Die zwölf Jahre, die das sogenannte Dritte Reich währte, zwölf Jahre im Exil in Frankreich, waren zu lang für Luise Straus-Ernst.

Lesung aus Biographie

Eva Weißweiler las zur Ausstellungseröffnung Auszüge aus ihrer Biographie über „das dramatische Leben der ersten Frau von Max Ernst“. Sie zeichnet darin die jungen Jahre des Künstlerpaars nach, das so unterschiedliche Lebensgefühl der Jahre vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg; wie erst der einzige Sohn des Paares, Jimmy, geboren wird und dann die Beziehung in die Brüche geht; wie sich Luise als Kunstkritikerin und Journalistin etabliert und so eine präzise und pointierte Chronistin der Weimarer Republik wird; und wie sie nach der Machtübernahme Hitlers 1933 und dem Reichsbrand begreift, dass sie als jüdische Intellektuelle plötzlich um ihr Leben fürchten muss. 

Bis zum Ende geht Weißweiler den Weg mit Luise Straus-Ernst – in ihrem Buch ebenso wie an diesem Abend in unserer KULTURKIRCHE OST. Es ist nicht der einzige Lesetipp, den die Besucher von diesem Abend mit nach Hause nehmen konnten. Der zweite stammt von Luise Straus-Ernst: „Nomadengut“, ihre für diese Ausstellung titelgebende Autobiographie, hatte sie gerade an ihre Agentin in der Schweiz geschickt, als sie die in Manosque, ihrer letzten Station in Frankreich, von der Gestapo festgenommen wurde.

Eva Weissweiler bei Perlentaucher

Chansons aus der Zeit, in der Luise Straus-Ernst im französischen Exil lebte, spielten Stephan Langenberg (Akkordeon) und Stephan Everling (Gitarre) – spontan verstärkt um Sänger Renzzo Heiligers.

 

WAS GIBT’S ALS NÄCHSTES IN UNSERER KULTURKIRCHE OST? Schauen Sie doch mal in unseren Kalender!

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