Es ist ja – zugegeben – nicht immer ganz einfach, über Kunst und Musik zu schreiben, wie wir das auf dieser Website regelmäßig tun. Aber über Kunst zu komponieren oder nach Musik zu malen? Das klingt nach einer schier unmöglichen Herausforderung! Markus Schönewolf, Komponist aus Kürten, und Ernst-Martin Heel, bildender Künstler aus Bonn, schätzen offenbar das Spiel mit Medienbrüchen und machen mit ihrem musikalischen Kunst-Zyklus „Lieder in Bilder“ das Unmögliche möglich. Die Besucher in unserer KULTURKIRCHE OST, die sich auf dieses Experiment einließen, erlebten einen unvergesslichen Konzert- und Ausstellungsabend.
Die schwierigste Aufgabe des Abends hatten freilich nicht die beiden künstlerisch Verantwortlichen zu erledigen, denn deren Arbeit war ja bereits getan. Es war an Sopranistin Theresa Nelles und ihrer Partnerin Jie Zhou an der Harfe, die anspruchsvolle Partitur zum Klingen zu bringen. Anspruchsvoll nicht zuletzt deshalb, da Schönewolf keiner konkreten Kompositionslehre angehört. Zwar sieht er sich durchaus in der Tradition des Kunstlieds, wie es vor allem Franz Schubert im 19. Jahrhundert prägte, macht aber auch in jeder Harmonie und jeder Note seiner durchweg ungewöhnlichen Melodieführungen klar, dass seitdem rund zwei Jahrhunderte Kompositionsgeschichte ins Land gezogen sind.
Schönewolf lässt sich weder der romantischen Tondichtung Schuberts noch der atonalen Gegenbewegung eines Schönberg vor rund hundert Jahren zuordnen. Er bedient sich vielmehr der gesamten Breite kompositorischer Möglichkeiten, die er sich während seiner Ausbildung an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln angeeignet hat. „Das kommt so aus mir raus“, sagte er bescheiden, lässt aber auch durchblicken, dass es ein anstrengender Prozess ist, gänzlich Neues schöpfen zu wollen. Zumal er auch für die stark assoziative, lautmalerische Textdichtung verantwortlich zeichnet.
Der Zyklus „Lieder in Bildern“ besteht aus zwölf Kapiteln, die eine lange Wanderung durch die Natur erzählen – durch Tage und Nächte und durch die Jahreszeiten. Nelles‘ Gesang und Jies Harfe wandern dabei – um im Bild zu bleiben – immer gemeinsam. Die Harfe ist mehr als nur ein Begleitinstrument, sondern spinnt eigenständige Bögen um die Gesangsmelodien. Diese vielschichtige Polyphonie ist das tragende Element von Schönewolfs Musik und interessanterweise auch die offenkundigste Parallele zu Heels Bildern. Wo die Musik in fließende Läufe Piouretten setzt, sieht der Betrachter bei Heel Wirbel und Strudel im blauen Fluss. Da also begegnen sich, wie Theresa Nelles es in ihren einführenden Worten vorweg nahm, tatsächlich „Komposition und Malerei in künstlerischer Harmonie“.
„Wir haben offenbar ein ganz ähnliches Kunstempfinden“, beschreibt Ernst-Martin Heel die Kooperation. Mit jeder neuen Aufführung von „Lieder in Bildern“ verändert sich auch das Ensemble begleitender Werke aus Heels Atelier. „Sonst wird es ja langweilig“, sagt er. „Ich finde immer neue Bezüge zwischen Musik und Text und meinen Bildern.“ Immer noch und immer wieder inspiriert ihn Schönewolf Komposition zu neuen Werken – wie etwa zu jenem mit dem Titel „Blaue Stunde“, das erst kurz vor der Aufführung in unserer KULTURKIRCHE OST fertig geworden ist. Die fruchtbare Zusammenarbeit der beiden ist also noch lange nicht am Ende.
Die Ausstellung ist noch bis 17. März 2018 nach Vereinbarung unter Telefon 0221 2011-373 zu besichtigen.