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Bertamaria Reetz
21. März 2018
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Emergent Sounds
24. März 2018

Yvonne Schymura über Käthe Kollwitz

Biographie einer deutschen Ikone
Ihre absolut lesenswerte Biogaphie über Käthe Kollwitz stellte die Autorin Dr. Yvonne Schymura in unserer KULTURKIRCHE OST vor. Bis heute gilt sie vielen Künstlerinnen als Vorbild, weil sie authentisches Schaffen und soziales Engagement in Einklang brachte.

Wer weiß, ob dieser Abend in unserer KULTURKIRCHE OST je hätte stattfinden können, wenn es Käthe Kollwitz (1867-1945) nicht gegeben hätte? Zu ihrer Zeit machten Frauen keine Kunst. Und tat es eine dennoch, verweigerte man ihr die Anerkennung. So geschehen 1898, als die Jury der „Großen Berliner Kunstausstellung“ Kollwitz‘ Bilderzyklus „Ein Weberaufstand“ mit einer Medaille auszeichnen wollte und sich Kaiser Wilhelm II. persönlich dagegen aussprach: Frauen hätten in der Kunst nichts verloren, fand er. Das sei Männersache.

Welch ein Irrtum! Und wie schön, dass Ort und Art dieser Veranstaltung gleichermaßen so beredtes Gegenbeispiel ablegten. Auf der Bühne sprach Moderator Georg Divossen von Talking Art mit der Künstlerin Bertamaria Reetz, deren Gemälde und Skulpturen den Kirchenraum zierten, und Autorin Dr. Yvonne Schymura, die mit ihrer Dissertation pünktlich zum 150. Geburtstag von Käthe Kollwitz 2017 eine umfassende Biographie über diese Pionierin deutschen Künstlerinnenschaffens vorgelegt hat.

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Wie keine Künstlerin und auch kein Künstler vor ihr verband Käthe Kollwitz künstlerische Darstellung mit der sozialen Frage. Ihre Zeichnungen und Radierungen zeigten nicht das Schöne, sondern das Elend in der Welt: den Hunger, die Not und die Ausweglosigkeit etwa der Weberfamilie im ausgehenden 19. Jahrhundert. „Viele Dinge wurden früher in der Kunst einfach nicht dargestellt“, erklärte Schymura, die ausgewählte Passagen aus ihrem glänzend geschriebenen Buch las. „Käthe Kollwitz war Teil einer Gegenbewegung.“

Kunst und Soziales

Bis heute sehen sich Kunstschaffende in dieser Tradition. Bertamaria Reetz, deren Ausstellung Momente, Menschen und Begegnungen Anlass für die Einladung Schymuras war, bezeichnet Kollwitz als ihr Vorbild. Und das eben nicht allein im konkreten künstlerischen Tun: So wie Kollwitz mit dem Verkauf von Drucken soziale Projekte unterstützte, so tut Reetz dies mit ihrer Friedensherde aus Blauschafen und den Jecken Höhner von Kölle. „Käthe Kollwitz hat mich immer begleitet“, sagt sie. „Ich habe nie für den Kommerz gemalt, immer nur, wie ich es empfunden habe.“

Dass das oft nicht der einfachste Weg ist, zeigt das Leben der Käthe Kollwitz eindrucksvoll. Sie verweigerte sich später als Künstlerin, auf soziale Themen festgelegt zu sein, sie verlor ihren jüngeren von zwei Söhnen im Ersten Weltkrieg, sie starb einsam in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs. Bertamaria Reetz half die Kunst, lebensbedrohliche Krankheiten zu überwinden. „Ich sehe viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Künstlerinnen“, sagte Schymura. „In den Formen, in den Farben – vor allem aber in den Köpfen.“

 

Käthe Kollwitz – Eine Biographie von Dr. Yvonne Schymura ist im Verlag C.H.Beck erschienen.

Die Ausstellung von Bertamaria Reetz ist bis 18. April 2018 geöffnet – immer dienstags bis samstags von 17 bis 20 Uhr sowie nach Vereinbarung unter Telefon 0162-233 67 01.
 
Was gibt’s als nächstes in unserer KULTURKIRCHE OST? Schauen Sie doch mal in unseren Kalender!