RICHARD BARGEL: „DEAD SLOW STAMPEDE“. 

„Guten Abend“, sagt Richard Bargel. „Guten Abend“, schallt es zurück. Bargel freut’s. „So viele Leute habe ich heute Abend gar nicht erwartet. Danke!“

Warum er mit weniger Publikum gerechnet hat, als tatsächlich erschienen ist, verrät er nicht. Seit rund einem halben Jahrhundert ist der 1951 geborene Musiker mit der erfüllten Künstler-Vita die Blues-Eminenz in der Domstadt. Da darf man schon mit ein paar Fans rechnen, oder?

Bargel selbst hat sich von der Südstadt auf den Weg über den Rhein nach Buchforst gemacht und dürfte dabei wie viele Gäste vor ihm festgestellt haben, dass der überraschend wenig beschwerlich ist und – abgesehen davon – sogar überaus sinnvoll. Denn auch wenn unsere KULTURKIRCHE OST im Frühjahr 2024 an einigen Stellen sanierungsbedürftig ist, so bleibt sie doch ein architektonisches Kleinod, das so eine kleine Reise über den Strom allemal lohnenswert macht.

Elf Alben

2022 – mitten in der Corona-Zeit also – erschien Bargels jüngstes Album „Dead Slow Stampede“, seine Nummer elf. Für einen Kölner Musiker dürfte die Diskographie damit rund sein.

Inzwischen lässt sich mit der Platte auch wieder touren und performen, wie es sich gehört. An Bargels Seite in unserer KULTURKIRCHE OST: Geert Roelofs (Schlagzeug), Volker Heinze (Kontrabass) und Fabio Nettekoven (Gitarre, Slide Guitar). Letzterer hat das Album gemeinsam mit Bargel produziert und auf seinem Label Clementine Music veröffentlicht.

Die Stücke darauf tragen durchaus Genre-typische Titel wie „What A Fool I Am“, „Time For Mr. Blues“ oder „I Go Blue“. Besonders nachhaltig bleibt „Grizzly Bear“ im Gehör, durch das sich Bargel so lustvoll knurrt als befände er sich auf den Spuren dieses anderen großen Blues-Bären – wie hieß der nochmal? Ach ja: Tom Waits.

Jeder kann andocken

Überhaupt ist die das wirklich Schöne an solch fast klassisch zu nennender Bluesmusik: Irgendwo kann jeder andocken, irgendwelche Querverweise zum persönlichen Musikgeschmack findet jeder. Denn nichts ist so sehr Grundlage von Popmusik – auch der aktuellen – wie der Blues mit seinen stoisch vorgetragen 3-Akkord-Riffs.

Und kaum ein Genre lehrt so sehr, worauf es in der Musik und beim Songschreiben vor allem ankommt: auf Klang, Dynamik, Charisma und Authentizität zum Beispiel. Und auf das richtig „Jeföhl“. Denn ohne das bleibt selbst der größte Virtuose ein seelenloser Mathematiker.

Richard Bargel und seine Mannen bringen bei aller Abgeklärtheit alles mit, um diesen Abend fürs Publikum zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen. Das liegt nicht nur an dem tollen Sound in unserer KULTURKIRCHE OST, sondern nicht zuletzt an der guten Laune, die der Frontmann versprüht.

Als er wieder einmal zum Taschentuch greifen muss, weil er einen kleinen Schnupfen mitgebracht hat, bemerkt er trocken: „Ich bin allergisch auf Publikum.“ So einen Satz muss man erstmal bringen – und zwar so, dass er nicht als die Beleidigung rüberkommt, die er eigentlich ist, sondern als das, was er sein soll: ein richtig guter Lacher.

Zur Website von Richard Bargel

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